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Wie nahe ich dem Tod schon war möchte ich mit folgender Geschichte vermitteln

 

Leider kam meine Geschichte als Warnung für meine Schwester Martina zu spät. Sie verstarb am Freitag den 29.09.2006 plötzlich und unerwartet im 41. Lebensjahr an einem Herzinfarkt.

 

 Im Gedenken an Sie werde ich meine Geschichte so ausführlich wie möglich erzählen, in der Hoffnung einigen Menschen damit zu helfen!

 

 Tja liebe Leser, warum schreib ich über dieses Thema - bin doch ein Mann im besten Alter? Sollte ich nicht vielleicht doch über Job, Karriere oder sportliche Erfolge berichten? Nein, lieber doch ein Thema, an das wir Alle lieber nicht denken, von uns wegschieben, einfach ignorieren, denn dass kann doch mir nicht passieren! Ja so dachte ich auch, ignorierte alle Warnungen und plötzlich kommt der Hammer!

 

 Wenn ich nur einen Leser mit meiner Geschichte zum Nachdenken bewegen kann, sich darauf zu besinnen das es im Leben noch mehr gibt, als Stress, sowohl im Job als auch in der Freizeit, das ganze gemischt mit jeder Menge Nikotin, ungesunder Ernährung und vielleicht auch noch Alkohol, dann hat sich die Mühe schon gelohnt dies Alles hier nieder zu schreiben!

 

 Eigentlich begann es schon im Jahr 2003. Meine Schwägerin riet mir damals mal einen Arzt aufzusuchen, denn ich könnte, wie mein Bruder, durch eine erbliche Belastung ein Kandidat für Herzinfarkt sein. Ich ging auch zu meinem Hausarzt. Der schickte mich auch ins Labor - mein Blutbefund strotzte nur so von schlechten Werten – ab zu einem Internisten! Doch da war ein Kunde, und noch einer, ein Kegelmatch, ein Kunde, eine Schulung und  ...........!

 

26. Juni 2004, ein heißer Samstag stand ins Haus, der Wetterbericht sagte Werte um die 30 Grad voraus. Ideales Wetter für das Donauinselfest, oder zum baden, oder, wie meine Freundin und ich es geplant hatten, einen Einkaufsbummel in einem großen, klimatisierten Kaufhaus!

 

 Nach dem ausgiebigem  Frühstück, 2 Kaffee und so vier, fünf Zigaretten, besorgte ich noch schnell ein paar Dinge für den täglichen Gebrauch, verstaute diese so rasch es ging in meinem Eiskasten und machte mir sogleich den nächsten Kaffee. Eigentlich lief bis zu diesem Zeitpunkt alles wie geplant, schön langsam, keine Hast. Ich war so richtig entspannt und guter Dinge.....

 

 Setzte mich gemütlich in mein Wohnzimmer, zündete mir genussvoll eine Zigarette an, ein Schluck Kaffee – ups war die Milch sauer?, ein Zug von der Zigarette – man schmeckte die auf einmal komisch, noch mal probieren, vielleicht lag`s doch nicht an der Milch – oje ich glaub ich muss kotzen, Zigarette abdämpfen – warum tat ich das? – schnapp mir mein Handy- weiß bis heute nicht warum ich zum kotzen ein Handy brauche! Im Laufschritt auf die Toilette – uff gerade noch geschafft, es rinnt vorne, hinten, der Schweiß rinnt in strömen – diese plötzlichen Schmerzen – ein instinktiver Griff auf die Tastatur – erwische zum Glück die Wiederwahltaste, Gott sei Dank, der letzte Anruf war Doris, meine Freundin, kann nicht wirklich sagen wie ich es schaffte, schrie einfach nur ins Telefon „komm“! Diese Schmerzen, das stechen in der Brust, ich weiß nicht wie viel Zeit verging, es war wie eine kleine Ewigkeit - jö schau, ich auf dem Dreirad, im Kindergarten- Doris war auf einmal da, dringend hörte ich Sie rufen - schön diese Farben, wie ein Kreisel, ein langer Tunnel, meine Mutter schimpfte wegen der Hausaufgabe - plötzlich lag ich in meinem Bett ( welche Kräfte hat diese Frau, mich da ins Bett zu schleppen?)- wieder das Licht, ich steh in der Bäckerei und flechte Striezel- dieser Schmerz, wozu will Sie das wissen- auf einmal ein Mann in meiner Wohnung, ein stechender Schmerz im Bauch, die erste Spritze, gleich wird’s besser- ich sitz in der Kaserne  und scherze mit anderen Kameraden, wann ich geboren bin- es tut so weh, wer sitzt da in meiner Brust und hämmert von innen nach außen- wie viel ist sechs mal vier- wieder ein Stich in der Bauchgegend- wieso gibt’s keinen Hubschrauber- halt durch du schaffst es, ich bin ja bei dir, war das jetzt Doris oder doch meine Mutter, die gerade ein Baby im Arm hielt- es tut so weh- es bleibt uns nichts anderes übrig, wir müssen fahren, also rauf auf die Bahre, da sind ja noch mehr Leute in meinem Zimmer, ich häng am Tropf, die schaffen mich irgendwie aus der Wohnung, die Treppe runter, irgendwie aus dem Haus, schemenhaft sehe ich da einige Leute stehen, rein ins Auto, jetzt aber schnell, die Sirene, wollte schon immer mal mit Blaulicht fahren, diese Bodenwellen, verdammt dieses Stechen in der Brust, gleich geht’s ihnen besser, sehr beruhigend diese Stimme, was schon da?, sind wir doch geflogen, rasch in den Op, HERZINFARKT!!!

 

 Ich weiß wirklich nicht mehr wie lange dies alles gedauert hat, auch nicht wie lang ich hier im Operationssaal gelegen bin, immer wieder redete wer mit mir, mal eine Schwester, dann wieder mal ein Arzt oder Op- Gehilfe, ich hing an jede Menge Geräten, Schläuchen und Infusionen, mir war kalt, um mich herum wirkte alle ein wenig gespenstisch, irgendwie unwirklich, wie in einem schlechten Film oder Alptraum! Da trat ein Typ in Jean und weißem Mantel an mich heran, stellte sich als Professor Baumgartner vor, und versuchte mir zu erklären was man mit mir jetzt zu tun gedenke, nur mal rasch einen Herzkatheder, nur mal so reinschauen wo etwas verstopft ist und diesen Infarkt auslöste, so als wolle man mir nur ein Pflaster auf den kleinen Schnitt kleben und mich mit einem Klaps auf den Po nach Hause schicken. Es klang alles so einfach, einfach mal eine Sonde, einen Schlauch von der Leiste bis zum Herz hinauf schieben (war das gar der Elektriker der vor kurzem neue Leitungen in meiner Wohnung eingezogen hat?) und da wo es verengt ist setz man einen Stand und alles Weitere sehen wir dann schon!

 

 Ich lag schon auf dem Op-Tisch, - wie bin da jetzt wieder rauf gekommen? – bekam das meiste Geschehen nur wie im Trance mit, dazwischen immer wieder die beruhigenden Worte des Professors, - schau, hier am Bildschirm siehst du genau, da ist eine Engstelle, gleich, ein paar Minuten noch und wir haben es geschafft -!

 

Schmerzen spürte ich keine mehr, kann nicht sagen ob es an den vielen Spritzen lag, die ich bekam, oder war das alles doch nur ein Alptraum? – So wir haben es geschafft, nur mehr die Sandsäcke drauf, damit die Wunde nicht platzt, nach ca. 36 Stunden können wir dann einen Druckverband anlegen – wieder die beruhigende Stimme des Professors, - und Morgen reden wir dann weiter -!

 

Man schob mich in einen Aufzug und dann in ein Zimmer, hängte mich an verschiedene Geräte, noch mal eine Spritze, ob ich noch Wünsche habe? nett wie man hier behandelt wird, bin müde, doch als ich die Augen schließen wollte, da kam Sie, die Angst fuhr mir durch alle Glieder, nein, nicht einschlafen, du wirst nicht mehr munter, immer wieder sah ich schemenhaft die Bilder der letzten Stunden, und immer wieder fielen mir die Augen zu , doch die Angst war stärker!

 

 Gott sei Dank kamen Doris und Silvia, meine Schwägerin, um nach mir zu sehen, das machte mich ruhiger, aber ich war sehr müde und eigentlich wusste ich noch immer nicht was los war mit mir! Silvia versuchte noch einen Arzt zu erwischen, doch Samstag  Abend hatten Alle viel zu tun, hier im AKH!

 

 Irgendwann am späten Abend gab mir eine nette Krankenschwester noch was zum schlafen, denn vor lauter Angst, wovor eigentlich, hier war ich doch sicher!?, brachte ich kein Auge zu, was war da nur passiert mit mir, wie geht’s nun weiter?

 

 

 

„Schönen guten Morgen“, muss wohl doch etwas geschlafen haben, fühlte mich aber müde, die Sandsäcke drückten schwer auf meine Leistengegend, gibt sicher ein schöneres erwachen an einem heißen Sonntag! Sofort wurde ich an alles Geschehene erinnert, ein mulmiges Gefühl kroch durch meinen ganzen Körper, noch immer konnte ich nicht realisieren was eigentlich passiert war! Der übliche Krankenhausalltag nahm seinen Lauf, Frühstück, waschen, Blutdruck messen, noch mal Blut abnehmen, bis am späten Vormittag – Sonntag Vormittag wohlgemerkt – Professor Baumgartner ins Zimmer kam – Sonntag ist doch keine Visite? – sich erst mal kurz mit den anderen beiden Patienten in unserem Zimmer unterhielt und dann sich zu mir setzte! Er wartete erst gar nicht auf eine Antwort auf die Frage wie ich mich fühle, sondern sagte mir kurz und schonungslos, das ich noch einmal sehr großes Glück gehabt habe, einfach nur die rasche Hilfe von meiner Freundin und vom Rettungsteam es waren, das ich noch lebe und ich dadurch eine Chance habe, vieles zu ändern, von nun an besser zu machen, bewusster leben, gesünder und vernünftiger. Ob ich rauche – welche Frage, na klar man wollte doch „in“ sein damals, in der Jugend und aufhören, wozu? – ist schon mal ein Faktor den man vielleicht ausschließen  könnte, und dann gibt es sicher noch einige andere Dinge, die man ändern sollte! Ich weiß heute nicht mehr den genauen Wortlaut unseres Gespräches, ich weiß nur noch es war nicht so der erhobene Zeigefinger des Professors, nein es waren seine ganz ernüchternden Worte die mich damals sehr nachdenklich machten!

 

 Erst als nach Mittag die ersten Besucher kamen wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, es kamen viele, keiner konnte es fassen, so jung und dann einen Herzinfarkt, ein Bekannter, ein Freund, es war schon sehr interessant wie sich manche verhielten!

 

 Keiner wusste so recht wie er sich verhalten soll, mir gute Besserung wünschen, na klar das macht man so, doch wie und was redet man mit einem der gerade noch mal vom berühmten „Schauferl“ gesprungen ist? Es war schön zu spüren das man an mich dachte, mich gern hatte, mich vermissen würde und jeder wünschte mir nur das Beste und ......... na ja, das übliche bla bla halt.

 

 Am späten Nachmittag besuchte mich dann meine Tochter Rebecca mit ihrer Mutter und dieser Besuch machte mir noch sehr lange zu schaffen, den ein Kind von 8 Jahren erklärte mir in einem einfachen Satz was ich in Zukunft zu tun hatte : „Du Papa, du darfst nicht sterben, ich brauch dich noch sehr, sehr lange! Ich hab dich sehr lieb!“

 

 Es war schon spät, finster, meine Zimmergenossen schliefen schon fest, ich wusste nicht wann der letzte Besucher gegangen ist, wer er war, einzig ein Satz schwirrte ständig durch meinen Kopf „Du Papa.....“, immer und immer wieder und jedes Mal bekam ich eine Gänsehaut, doch eines nahm ich mir in dieser Nacht vor: ich weiß nun wofür ich noch eine Chance bekommen habe, vom wem auch immer, und wenn ich hier raus komme wird vieles sich ändern und mein geliebtes Kind wird für mich das wichtigste sein in meinem Leben, egal was sonst noch alles passiert!

 

Montag Morgen, schlecht geschlafen, totale Hektik, Krankenhausalltag, doch immer wieder finden die Schwestern, Pfleger und Ärzte etwas Zeit um sich um die kleinen Wehwehchen der Patienten zu kümmern, eigentlich bewundernswert, fast immer ein lächeln auf dem Lippen und das obwohl eigentlich doppelt so viel Personal notwendig wäre! Zwischendurch immer wieder Besucher, auch die können das Personal manchmal sehr nerven, Alltag pur im 19. Stock!

 

 Trau mich fast nicht zu fragen wann ich endlich aufstehen darf, geht mir eigentlich gut, auch die Instrumente zeigen gute Werte, ist ja eh schon zwei Tage her.....!

 

 Visite, toll, ich darf aufstehen, bekomm aber einen Pfleger als Geleitschutz für die ersten Schritte verordnet, man weiß ja nie.

 

 Kann es nicht erwarten, darf nach dem Mittagessen endlich gehen!? gehen? welch eine Freude über eine Bewegung die uns eigentlich selbstverständlich vorkommt!? Ist gar nicht so einfach nach fast drei Tagen im Bett ein paar Schritte zu tun, einmal den Gang entlang und retour, 30 Meter vielleicht, und erschöpft sinke ich wieder ins Bett. Sofort werde ich wieder an die Überwachungsgeräte angeschlossen, man weiß ja nie, meinte die Schwester. Wieder bekam ich Besuch, Keiner wusste so recht was er mit mir anfangen sollte, mit mir reden sollte, Smaltalk, man merkte das viele ein flaues Gefühl im Magen hatten und eigentlich froh waren wieder aus dem Krankenzimmer zu kommen! Ich freute mich dennoch sehr über jeden der kam und merkte eigentlich auch erst jetzt wie viele Freunde und Bekannte ich hatte.

 

 Leider lag zwischen den Tagen immer wieder die  Nacht, und in den Nächten wo man einsam in seinem Bett lag, nur das schnarchen des Nachbarn im Ohr, das Geräusch der Überwachungsgeräte, immer horchend auf den eigenen Herzschlag, die Angst vor dem Einschlafen, die Gedanken kreisen um vieles, aber meist um die Zukunft, was wird werden wenn ich entlassen werde, was mach ich zu Hause, was wenn.........!

 

Nach zwei Wochen war es soweit, ich durfte Heim, ein tolles Gefühl, dennoch diese Ungewissheit, irgendwie saß mir die Angst im Nacken! Schon die Instruktionen, die mir die Ärzte und Schwestern mit auf dem Weg gaben, machten mir Sorgen, das darf ich nicht, das soll ich nicht, ein bisschen spazieren gehen, aber nicht wenn es zu heiß ist, und das mitten im Sommer, alles weitere sagt mir mein Internist und mein Hausarzt und den Rest erfahre ich auf Reha, toll, macht mir richtig Mut.

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